Rückblick auf die Veranstaltung
Am 9. April hatten wir das Vergnügen, dass Prof. Dr. Martin-Niels Däfler unser Netzwerk mit dem Vortrag „Früher war die Zukunft auch besser! Gelassen in die Digitalisierung“ bereicherte. Gut 50 Teilnehmer/innen lauschten seinen Ausführungen in der Technischen Hochschule Aschaffenburg.
Der aufmerksamkeitsstarke Vortragstitel „Früher war die Zukunft auch besser“ geht auf den Komiker und Schauspieler Karl Valentin zurück. Und passend dazu kennt sicher fast jeder von den Großeltern den Spruch: „Früher – das waren noch Zeiten!“ – wobei sich der Blick von Oma und Opa plötzlich so verklärt. Doch ganz ehrlich, die Lebenserwartung war deutlich niedriger, das Niveau an Luxus und Bequemlichkeit bei weitem nicht vergleichbar, Arbeitszeiten deutlich länger. Woher kommt also die Annahme, dass die jetzigen und zukünftigen Zeiten schlechter sind bzw. sein werden als die Vergangenheit?
Prof. Däfler warb dafür, dass man Veränderungen – speziell die durch die Digitalisierung hervorgerufenen – erst mal neutral betrachten solle. Denn niemand könne jetzt schon wissen, ob sich dieser oder jener Aspekt der Digitalisierung später positiv oder negativ auf uns auswirken wird. Schon oft, so meinte er, haben sich auch die klügsten Köpfe geirrt und über deren Prognosen schmunzelt man heute.
Nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten
Würde man die Welt ausschließlich nach den Titelseiten der Medien einschätzen, so müsste man denken, die Welt sei ein schrecklicher Ort. Wenn man ein zwei Seiten weiterblättert, findet man schnell auch seriöse Meldungen, die von hervorragenden Ideen, ungewöhnlichen Erfolgen und glänzenden Aussichten berichten. Die Annahme, dass die Digitalisierung also nur Risiken und Probleme bereitet, nur weil Horrormeldungen die Titelseiten erobern, ist also nicht haltbar. Ebenso finden sich Informationen über digitale Innovationen, die uns Menschen einen wirklichen Mehrwert bieten.
Schlagzeilen machen unter anderem Aussagen, wie „bis 2030 Tausende von Arbeitsplätzen bedroht“. Sicher – es gibt eine Reihe von Berufsbildern, die durch die Digitalisierung bedroht sind. Allerdings werden vermutlich ebenso viele neue Berufe entstehen und andere Berufsgruppen werden auch in Zukunft händeringend nach Fachkräften suchen. Daher sei es wichtig, seine Stärken zu kennen, und offen zu sein für Veränderung.
Praktische Tipps
Am Ende des Vortrags gab Prof. Däfler eine Reihe von ganz praktischen Hinweisen, wie man gelassen bleibt angesichts der Unsicherheiten, die mit der fortschreitendenden Digitalisierung (und anderen Megatrends) tagtäglich auf uns einstürzen:
Hinterfragen, ob der aktuelle Aufreger den Namen verdient
Egal wie sehr man sich über Menschen oder Technik ärgert, oftmals ist einem der Anlass schon nach wenigen Stunden, Tagen oder Wochen nicht mehr wirklich präsent. Oder wissen Sie noch worüber Sie sich vor einem Jahr „mordsmäßig“ aufgeregt haben? Mit der Denkweise relativiert man schnell das „Problem“.
Mit dem Bewerten Zeit lassen
Oftmals bilden wir Menschen uns schnell ein Urteil über Menschen, aber auch über Dinge, Prozesse und Situationen. Als Beispiel teilte Prof. Däfler eine Spielkarte aus, die „Karo Sieben“ als Synonym für die Karte des Lebens. Ob es eine gute oder schlechte Karte sei, wollte er wissen. Ein Teil der Zuhörer entschied sich für gut, die andere für schlecht. Doch können wir das einschätzen, wenn wir nicht wissen, welches Spiel gespielt wird? Bei Mau-Mau kann einem die Sieben wichtige Vorteile verschaffen, bei Skat eher weniger. Aber auch da kommt es darauf an, welche Karten die Mitspieler haben und in welcher Reihenfolge die Karten ausgespielt werden. Solange also viele Parameter unbekannt sind, sollte man, seiner Meinung nach, die Karte neutral betrachten und nach Chancen suchen. Oftmals wendet sich ein Nachteil noch unverhofft in einen Vorteil.
Perspektive ändern und Gewohnheiten hinterfragen
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das ist in vielerlei Hinsicht gut, denn es vereinfacht das Leben. Blöd nur, wenn man dadurch zu festgefahren ist, um Neues zuzulassen. Däfler empfiehlt daher, eingefahrene Gewohnheiten wie den Kaffee am Morgen und den immer gleichen Weg zur Arbeit oder der Joggingstrecke, der Sitzordnung im Raum etc. per Zufallsprinzip zu ersetzen bzw. zu verändern. Das halte geistig flexibel und offen für Veränderung.
Die (eigenen) Stärken kennen und stärken
Däfler verweist auch darauf, dass man sich seiner eigenen Stärken bewusst sein muss, um in der volatilen und unsicheren – digitalen – Welt gelassen und erfolgreich zu sein. Wenn der erlernte Beruf einfach nicht mehr am Markt gebraucht wird, kann man auf Basis seiner Stärken neue Handlungsfelder für sich erschließen. Von der Idee, den gleichen Job 45 Jahre lang machen zu können, müsse man sich verabschieden und die, die bereit für das Lebenslange Lernen sind, finden auch an neuen Wirkungsstätten schnell Bestätigung. Wer unsicher ist bezüglich seiner Stärken, findet auf www.charakterstaerken.org einen Selbsttest.
Fazit: Negativschlagzeilen rund um die Digitalisierung verunsichern uns alle. Doch mit einer für Veränderungen offenen Geisteshaltung und einer gelassenen Betrachtungsweise kann man die Chancen aus der Digitalisierung gewinnbringend nutzen.
Ein Beitrag von Katja Leimeister