Ringvorlesung Nachhaltigkeit Teil 8:
Demographische Entwicklung – Sozialtransfers, Pflegenotstand und technologische Lösungen
Dr. Bettina Horster (VIVAI AG)
Ein Beitrag von Joachim Schmitt und Katja Leimeister
Im demographischen Wandel steigt nicht nur die Anzahl der alten und pflegebedürftigen Menschen, es verringert sich auch die Anzahl der Fachkräfte, die sich um diese Menschen kümmern. Das Prognos-Institut schätzt auf Basis der etablierten Praxis eine Bedarfssteigerung beim Pflegepersonal um ca. 25 % innerhalb von 10 Jahren. Zugleich bestätigen Umfragen immer wieder, dass die meisten Menschen gerne möglichst lange in ihrer angestammten Wohnung verbleiben möchten.
Im Bereich der Hilfsmittel zur funktionalen Versorgung oder für die Notfall-Meldung leisten digital aufgerüstete Produkte schon wertvolle Beiträge. Ein „Prepper“ liest vor, eine „Robbe“ kuschelt oder ein „Robbi“ hilft den Pflegekräften beim Herausheben aus dem Bett. Durch digitale vernetzte Technologien in der Logik der „Industrie 4.0“ lassen sich im Bereich der (häuslichen) Versorgung und Pflege darüber hinaus gehende Beiträge leisten, sodass die Fachkräfte sich mehr auf den liebevollen Umgang mit den zu Pflegenden konzentrieren können. Weiterhin kann der Fachkräftebedarf generell reduziert und zugleich das häusliche Wohnen versorgungssicher gestaltet werden.
Ein Beispiel dafür ist die VIVAI-Care-Technologie, die mit einer vielschichtigen Verknüpfung von Sensoren in der Wohnung und am Körper eine Rundumüberwachung in der häuslichen Umgebung gewährleistet. Das umfasst gleichermaßen die Erkennung von Stürzen, wie auch das Detektieren von Herz-Kreislauf-Symptomen oder die schlichte Erinnerung an die Arzneimittelgabe und andere Termine. Über eine frei definierbare Kommunikationsschnittstelle sind barrierefreie Videoanrufe genauso möglich wie die Abwicklung von Notfall-Routinen bis hin zur schnellen Direktansprache durch eine vorab definierte Kontaktstelle. Derartige All-in-one-Systeme verzichten zum Schutz der Privatsphäre einerseits auf eine Videoüberwachung, gewährleisten durch ihre offene Softwarearchitektur aber auch eine passgenaue Integration von Sensoren und Ausstattungswünschen für ein möglichst selbstbestimmtes und sicheres Leben im Alter – ohne dass Fachpersonal in Routinezeiten gebunden wird. Insofern sind diese Systeme gut anschlussfähig an neuere Ansätze des Pflegemanagements, die auf eine differenzierte Integration von Familie, Nachbarschaft, mobile Assistenz und stationäre Fachinstitutionen setzen. Ein Dilemma bleibt, dass derartige vernetzte Lösungen extrem aufwändig in der Regulierung des Datenschutzes sind und hohe und teure Zertifizierungsanforderungen an die Hersteller stellen.
Auch deshalb sind derartige Systeme nicht billig, können durch die Verlängerung der nicht-stationären Wohnsituation aber zugleich deutliche Einspareffekte für Privatpersonen und Sozialversicherungen erzielen. Hinzu kommen die Steigerung der Lebensqualität im Alter und die Interessen der Immobilienwirtschaft an einem, anteilig durchaus zahlungskräftigen, Klientel. All diese Interessen zusammen genommen könnten Investitionen in neue digitale Technologien nicht nur die Lebenswünsche im Alter besser befriedigen, sondern auch den Pflegenotstand in Deutschland erkennbar entlasten.
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