Beleuchtung des methodischen Innovationsmanagements bei ERBACHER the food family
Ein Beitrag von Katja Leimeister
Interessante Einblicke in das methodische Vorgehen zur Begutachtung einer innovativen Idee gab uns Fabian König beim letzten Treffen der Agilen Community Bayerischer Untermain. Fabian König ist Head of InnoConsulting bei Green Sale, einer Tochter von ERBACHER the food family.
Bei Erbacher wird eine offene Mitarbeiterbeteiligung am Innovationsprozess gelebt. Ideen sollen und dürfen eingereicht werden und die Möglichkeit wird von der Belegschaft rege genutzt. Bevor sie in die finale Umsetzung gehen, steht das Team um Fabian König parat, die Idee methodisch zu bewerten: Wird das neue Produkt, die neue Dienstleistung von der Zielgruppe angenommen? Zu welchem Preis, unter welchen Bedingungen? Welches Bedürfnis des Kunden wird damit gestillt? Von zuvor getroffenen Annahmen über das Kundenverhalten wird Schritt für Schritt nach Gewissheit gesucht.
Fabian König brachte uns ein Beispiel mit: bei Josera Petfood – ebenfalls eine Sparte von ERBACHER - kam die Idee auf, ein Programm für die Handelspartner aufzulegen, mit dem sie als nachgelagerte Lieferkette CO2-frei werden könnten. Die Kompensation könnte über die tropischen Regenwälder in den Ntakata Mountains (Tansania) laufen, - eine Fläche, auf der ERBACHER bereits die wirtschaftliche Existenzgrundlage von rund 17.000 Menschen vor Ort sichert.
Im ersten Schritt wurden die Ideengeber gecoacht, ein Value Proposition Canvas anzufertigen. Welche täglichen Aufgaben in diesem Kontext hat der Handelspartner zu bewältigen, welchen Mehrwert erwartet er und welche Hindernisse stehen ihm bei der Erledigung seiner Aufgaben im Weg? Und vor allem: Wie kann das Produkt/der Service seine Erwartungen erfüllen und Schmerzpunkte lindern? Dabei wird eine Reihe von Annahmen über den Handelspartner getroffen. In diesem Fall ging man davon aus: „Natürlich freut sich der Handelspartner, wenn er sein Ladengeschäft klimaneutral betreiben kann, da er sich gegenüber dem Endkunden entsprechend positionieren kann. Dafür ist er bereit, einen Preis für den Erwerb von Klimazertifikaten zu zahlen.“ Und auch für ERBACHER ist die Einführung solcher Zertifikate ein Gewinn: Die Idee passt zur Vision und Mission von ERBACHER und entsprechend ins Portfolio.
Im nächsten Schritt wurde ein Business Model Canvas angelegt und ein mögliches Preismodell entworfen. Aus dem Handel mit den Zertifikaten wollte ERBACHER keinen Gewinn erzielen, jedoch die damit verbundenen Kosten decken. Wichtiger jedoch war das Aufzeigen der unbestätigten Annahmen und der Relevanz für die Umsetzung der Idee. In einer Assumptions Map wurden die Annahmen nach Wichtigkeit und Grad der Unsicherheit in vier Quadranten einsortiert. Die Annahmen, die sehr wichtig für den Erfolg der Idee sind und über die am wenigsten Klarheit herrscht (Quadrant rechts oben), sind als erstes genauer zu betrachten und zu testen.
So wurde in verschiedenen Testphasen untersucht, inwieweit das Verständnis von Nachhaltigkeit mit dem von ERBACHER übereinstimmt, ob Vertriebspartner ein nachhaltiges Image anstreben und welche Zahlungsbereitschaft sie dafür mitbringen. Bei den Tests (Telefonbefragungen/E-Mailings) stellte sich heraus, dass für die Zielgruppe ein nachhaltiges Handeln und damit verbundenes Image nicht so wichtig wie gedacht ist. Sprich: Der Bauch sagte ja, das Canvas nein! Ob die Idee ihrer Zeit voraus war, wird sich zeigen. Auf jeden Fall könnte sie, sofern sich die Einstellung der Handelspartner ändert, aus der Schreibtischschublade irgendwann wieder auftauchen.
Wir danken Herrn König für den interessanten Vortrag und die tiefen Einblicke zum methodischen Vorgehen bei ERBACHER.
Weitere Informationen
Auf der Lernplattform von mainproject (https://mainproject.moodle-kurse.de/) finden Sie Onlinekurse zu den Themen Value Proposition Canvas (https://mainproject.moodle-kurse.de/enrol/index.php?id=32) und Business Modell Canvas (https://mainproject.moodle-kurse.de/enrol/index.php?id=14) sowie zu weiteren agilen Methoden.