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Bitcoin, Stablecoin und Digitales Geld

Blogbeitrag von Katja Leimeister zum Vortrag von Dr. Martin Diehl im Rahmen der Ringvorlesung Geld und Wettbewerb

 

Die Jahre 2008/2009 waren für die Finanzmärkte eine besondere Situation. Die Finanzkrise zeigt, dass das bis dahin unerschütterliche Vertrauen in Großbanken und Finanzinstitute aufgrund ihrer spekulativen Geschäfte vielleicht nicht immer gerechtfertigt war. Institutionen wie die Lehman Brothers waren über Nacht insolvent, andere Banken mussten mit Steuergeldern gestützt werden … Begünstigt durch diese einschneidenden Ereignisse gewann eine neue Idee Beachtung: Es sollte eine virtuelle Geldeinheit geben, die ohne Intermediäre (also ohne Zwischenstationen wie Banken) gehandelt werden kann, und bei der das Vertrauen nicht durch Menschen und Institutionen erfolgen, sondern eine sichere Technologie einen kryptographischen Beweis schaffen sollte.

 

Bitcoin und seine Vor- und Nachteile

Der in diesem Sinne geschaffene Bitcoin wird seit 2009 mittels einer damals neuartigen Technologie gehandelt, die sogenannte Blockchain. Sie ist eine Form der Distributed Ledger Technology, kurz DLT. Satoshi Nakamoto gilt als der Erfinder des Bitcoins. Der Bitcoin wurde sehr schnell sehr bekannt und heißbegehrt. Mit 0,08 US Dollar gestartet, liegt der Wert heute bei rund 43.000 US Dollar (Stand 21. Dezember 2021). Dabei zeigen sich extreme Schwankungen, am 12. November 2021 lag der Kurs beispielsweise noch bei über 55.000 US Dollar. Erfüllt der Bitcoin damit die klassischen Funktionen von Geld, welche sind: Zahlungsmittel, Recheneinheit und Wertaufbewahrung? Aufgrund der sehr hohen Kursschwankungen fällt er als Recheneinheit und Wertaufbewahrung sicher aus, und da es keine klassischen Akzeptanzstellen gibt, an denen man mit Bitcoin zahlen kann, als allgemeingültiges Zahlungsmittel auch. Somit ist der Bitcoin in erster Linie für Spekulationsgeschäfte geeignet. Dem Bitcoin fehlt die Kopplung an intrinsische Werte wie sie Güter des realen Lebens darstellen. Dazu kommt, dass die Blockchain-Technologie in der Machart des Bitcoins für ihre Kontraktabwicklung enorm viel Energie benötigt. Viele Nachteile, weswegen auch einige Wirtschaftswissenschaftler wie Eswar Prasad von der Cornell University dem Bitcoin wenig dauerhafte Überlebenschancen oder zumindest keine Funktion für die Realwirtschaft einräumen. [1]

 

DLT – eine spannende Technologie

Hat der Bitcoin auch viele Nachteile, die DLT ist es wert, genauer zu betrachten. Jochen Metzger, wie Martin Diehl ebenfalls bei der Deutschen Bundesbank, definiert in Gablers Wirtschaftslexikon die DLT wie folgt: „Bei der Distributed Ledger Technologie (DLT) handelt es sich um eine spezielle Form der elektronischen Datenverarbeitung und -speicherung. Als Distributed Ledger oder „Verteiltes Kontenbuch“ wird eine dezentrale Datenbank bezeichnet, die Teilnehmern eines Netzwerks eine gemeinsame Schreib- und Leseberechtigung erlaubt. Im Gegensatz zu einer zentral verwalteten Datenbank bedarf es in diesem Netzwerk keiner zentralen Instanz, die neue Einträge in der Datenbank vornimmt.“ [2]

 

Neu und bemerkenswert an der DLT ist, dass sich digital Werte übertragen lassen und zwar unveränderbar als Original und somit fälschungssicher. Das erfolgt transparent, automatisiert und unabhängig von Intermediären. Damit ist eine hohe operative Effizienz sichergestellt, das System ist sicher und resilient. Damit eignet sich die DLT fernab des Zahlungsverkehrs für viele Anwendungen, bei denen die Sicherheit eines Vermögensgegenstands eine große Rolle spielen, beispielsweise für das Führen von Grundbüchern oder auch von Patentregistern. Der große Vorteil, so Martin Diehl, liegt im automatisierten Prozessmanagement komplexer Vorgänge zwischen voneinander unabhängigen Instituten ohne zentralen Abstimmungsprozess. So können digitalisierte Transaktionen von knappen Gütern automatisch verifiziert werden.

 

Ein Beispiel aus der Realwirtschaft: Mit dem Internet verbundene Maschinen könnten automatisiert am Zahlungsverkehr teilnehmen – und selbstständig Umsätze und Kosten buchen. Auch mit Blick auf künftige Innovationen im Bereich Industrie 4.0 steht solchen Geschäftsmodellen ein großes Potenzial offen.

 

Diese Vertragsabwicklung durch Computer wird Smart Contracts genannt. Zusätzlich zu Informationen zum Tausch von Geld und Ware können zahlreiche Parameter, beispielsweise zur Qualität der Ware oder zur Stückelung von Zahlungen hinterlegt werden. Nur wenn die definierten Kriterien erfüllt sind, wird der Geldfluss automatisch ausgelöst. Die Vorteile der Smart Contracts liegen auf der Hand: Die Transaktionskosten sinken, die Risiken werden reduziert.

 

Der Weg zum Digitalen Zentralbankgeld

Deutsche Bundesbank (und auch die EZB) sehen in der DLT eine Möglichkeit, den Zahlungsverkehr, Handelsfinanzierungen und Kapitalmarktbewegungen zu vereinfachen und abzusichern. Auch in der Realwirtschaft können digitale Geschäftsmodelle durch die DLT beflügelt werden. Entsprechend gibt es Forderungen aus der Industrie an den Finanzsektor, digitales Geld einzuführen: tokenbasiert und programmierbar. Weltweit sind zahlreiche Zentralbanken dabei, neben Bargeld und Zentralbankguthaben auch Lösungen für Digitales Zentralbankgeld zu entwickeln. Die ersten Pilotprojekte laufen. Der wesentliche Unterschied zum Bitcoin ist, dass das digitale Zentralbankgeld eine Verbindlichkeit einer Zentralbank darstellt. Die Zentralbank ist also der Emittent und sorgt für einen stabilen Geldwert. Dies ist wiederum eine Voraussetzung für die Akzeptanz des Zahlungsmittels.

 

EZB und Bundesbank sehen sich folgenden Herausforderungen gegenüber, die es zu beachten bzw. zu lösen gilt: Bargeld hat in vielen Volkswirtschaften einen großen Stellenwert, da es eine gewisse Anonymität gewährt. Der Datenschutz ist gerade in Europa eine besondere Hürde und von der Bevölkerung gefordert. Digitales Geld soll möglichst einfach, für alle und überall (zumindest im Euro-Raum) nutzbar sein und so sicher sein wie andere Geldeinlagen (Einlagensicherung). Daneben soll Europa seine Souveränität im globalen Wettbewerb erhalten und weltweit Maßstäbe für digitales Geld setzen.

 

Bei der Konzeption von digitalem Geld sind insbesondere folgende Stellgrößen zu definieren:

- Wer darf das digitale Geld nutzen? Nur der Finanzsektor? Alle Unternehmen, alle BürgerInnen, Nicht-Gebietsansässige?

- Wie soll die Verzinsung gestaltet sein? Soll es Limits geben?

- Wie kann der Schutz der Privatsphäre aussehen, wenn gleichzeitig auch Kriminalität (Geldwäsche, Terrorfinanzierung etc.) bekämpft und Zahlungserwartung garantiert werden soll?

 

Die Deutsche Bundesbank hat sich dahingehend wie folgt positioniert: 

Fazit

Bedenken bestehen, dass mit Einführung von digitalem Geld – dessen Bewegungen immer Spuren im Netz hinterlässt – Unternehmen und BürgerInnen noch gläserner als bisher werden. So könnten Lieferketten ausgespäht werden oder private Überweisungen analysiert werden. Wichtig ist also, Vertrauen und Akzeptanz für diese neue Form des Geldes einzuwerben. Das Eurosystem hat im Oktober 2021 eine Untersuchungsphase zum Digitalen Euro gestartet. Zunächst sind viele technische und ökonomische Fragen zu klären, bevor über eine Einführung des Digitalen Euro beschlossen werden kann.

 

[1] Wirtschaftsprofessor: Bitcoin könnte schon bald verschwinden, 21.12.2021, online verfügbar auf t3n https://t3n.de/news/professor-bitcoin-verschwinden-1438794/, zuletzt abgerufen am 21.12.2021

 

[2] Jochen Metzger, o.D., Gablers Wirtschaftslexikon, online verfügbar unter Distributed Ledger Technologie (DLT) • Definition | Gabler Wirtschaftslexikon, zuletzt abgerufen am 21.12.2021

 


Möchten Sie noch mehr zum Thema Geld und Wettbewerb lesen? Eine Zusammenfassung der einzelnen Vorträge der Ringvorlesung gibt es jede Woche als Blogbeitrag unter https://www.mainproject.eu/blog/für-sie-besucht/.