Beitrag von Meike Schumacher zum Vortrag von Prof. Dr. Georg Rainer Hofmann in der Ringvorlesung „Krisen und Auswege“ am 17. Oktober 2022
Mit einem Einführungsvortrag von Prof. Dr. Georg Rainer Hofmann startete am 17. Oktober 2022 die Ringvorlesung „Krisen und Auswege“ des Information Management Instituts an der TH Aschaffenburg. Nach den Ringvorlesungen zu „Digitaler Wandel“, „Nachhaltigkeit“ und „Geld und Wettbewerb“ in den Vorjahren ist diese Ringvorlesung die vierte der Reihe. Auch diese Ringvorlesung wird, wie dies auch schon in den vergangenen zwei Jahren der Fall war, hybrid durchgeführt. Dass sowohl das Thema als auch das hybride Format passen – das zeigte die sehr gute Publikumsresonanz: An der Auftaktveranstaltung nahmen rund 200 Personen teil, die sich etwa hälftig auf die Online- und Präsenzteilnahme verteilten.
Professor Hofmann eröffnete die Ringvorlesung mit der Feststellung: „Als wir diese Ringvorlesung planten, war von vielen heutigen Krisen noch nicht die Rede – der Lauf der Welt ist uns hier leider noch entgegengekommen“. Selbstverständlich kündigten sich die Klimakrise, Probleme in den Lieferketten, oder eine sich entwickelnde Inflation bereits schon länger an. Die Auswüchse zu einer für alle spürbaren Energiepreiskrise wurden jedoch durch die aktuellen politischen Entwicklungen massiv verschärft.
Derzeit sind Krisen allgegenwärtig und man hat das Gefühl, es werden immer mehr. Doch waren wir jemals krisenlos? Ein Krisenloser Ort ist das biblische Paradies, in dem der Mensch in Harmonie und Einklang mit der Schöpfung lebt. Nach einem Vergehen werden die einzigen beiden Menschen allerdings des Paradieses verwiesen – womit die krisenlose Zeit ein Ende hatte. Nach der biblischen Überlieferung ging es mit Disharmonie und Neid, gar Mord und Totschlag, weiter.
Wann ist eine Krise überwunden? – Erlangung einer „neue Normalität“
Es gibt verschiedene Modelle unterschiedlicher Komplexität, die den Verlauf von Krisen charakterisieren. Professor Hofmann stellte mehrere beispielhafte Modelle aus der Literatur vor:
- Ein sehr einfaches Modell sieht einen Verlauf vom Schock über Ablehnung, Einsicht, Akzeptanz, Ausprobieren und Erkenntnis bis hin zum Zustand „Krise gemeistert“.
- Ein etwas differenzierterer Krisen-Management-Prozess beschreibt zentrale Aufgaben für die Prozessschritte Krisenerkennung, Krisendiagnose, Sanierungskonzeption bis hin zur Umsetzung einer Sanierung.
Beide Modelle gehen von dem Fall aus, dass nach der Bewältigung der Krise alles wieder so ist, wie es zuvor war. Die Realität sieht jedoch häufig anders aus und der vorherige Zustand ist nicht mehr ohne weiteres wieder herstellbar. Krisen resultieren fast immer aus Katastrophen, also einem besonders folgenschweren Unglück, dessen Schäden nicht mehr trivial ausgeglichen werden können. Die Bewältigung einer Krise wird also gekennzeichnet durch die Erlangung einer „neue Normalität“.
Krisenprävention – Versicherung gegen Katastrophen
Eine erste These des Vortrags stellte das Phänomen vor, dass Krisen sehr oft die Folge von Katastrophen sind, die schwer oder gar nicht zu bewältigen sind. Insofern ist die Vermeidung von Katastrophen ein wichtiges Element der Krisenprävention. Nicht nur das reale Auftreten, auch die reine Möglichkeit einer Katastrophe ist nicht nur politisch, sondern auch ökonomisch relevant – so etwa für Versicherungen. Damit Vorkehrungen rational getroffen werden können, müssen die relevanten Risiken allerdings erkannt worden und bekannt sein. So haben sich beispielsweise Landwirte seit jeher gegen Ernteausfälle aufgrund von Schädlingen oder Hagel versichert. Ein Ernteausfall aufgrund extremer Dürre, wie in diesem Jahr, dürfte hingegen kaum abgesichert worden sein – das Risiko war in dieser Form eben (noch) nicht bekannt.
Krisen – ein Referenzmodell mit Subjekten, Ursachen und Handlungsoptionen
Aus der trivialen Feststellung, dass es in einer Krise nicht bleiben sollte, wie es ist, wurde im Vortrag eine zweite zentrale These abgeleitet: Krisen bedeuten immer einen Handlungsbedarf und damit auch Entscheidungsbedarf – Krise und Handlungsbedarf sind quasi komplementär, so Hofmann weiter. Daraus kann ein Referenzmodell gewonnen werden:
Die Träger des Handlungsbedarfes und Subjekte der Krise können Individuen, Kleingruppen, Institutionen, Unternehmen oder die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft sein.
Die Ursachen der Krise können natürliche oder technische Katastrophen sein, auch psycho-soziale oder ökonomische Gründe können vorliegen. Krisen können aber auch „herbei geredet“ sein – etwa um einem politischen Gegner einen Handlungsbedarf unterzuschieben.
Als Handlungsoptionen in Krisen können die triviale Negation der Krise, das Warten auf die sich von selbst ergebende Lösung, ein irrationales Überspielen sein, aber auch die rationale Adressierung der Ursachen oder die Beseitigung der Krisen-Subjekte können genannt werden.
Bei der Bewältigung einer nicht-individuellen Krise ist die fehlende kollektive Willensbildung das Problem, dass es zu einer Dauerkrise kommt. Im besten Fall kommt es zur Überwindung der Krise – durch die Definition des „neuen Normal“. Unter Umständen nehmen Krisen aber auch einen tragischen Verlauf, wenn das Krisensubjekt die Krise schlicht nicht überlebt – sei es der Ruin eines Unternehmens, die Auflösung eines Vereins, oder gar das Ende eines ganzen Staates.
Abschließend gab Professor Hofmann noch einen Überblick über die einzelnen Termine, Themen und Dozierenden der Ringvorlesung.
Einen Überblick zu allen Terminen der Ringvorlesung, sowie eine Möglichkeit zur Anmeldung erhalten Sie hier: https://www.mainproject.eu/ringvorlesung/