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Ringvorlesung „New Work“ – Einführungsvortrag

Ein Blogbeitrag von Katja Leimeister zum Einführungsvortrag von Prof. Dr. Georg Rainer Hofmann am 14. Oktober 2024.

 

Seit nunmehr fünf Jahren – seit 2019 – organisiert das Information Management Institut (IMI) jeweils im Wintersemester eine Ringvorlesung an der TH Aschaffenburg. Der Schwerpunkt der diesjährigen Ringvorlesung „New Work“ liegt auf den aktuellen Herausforderungen und Chancen, die dieses Thema mit sich bringt. Auch in diesem Semester wird ein breites Spektrum von Beiträgen aus Wissenschaft und Praxis das Thema vertiefen. Es geht unter anderem um die diversen Transformationen, wie die Digitalisierung, die Integration und Gestaltung von hybriden und Homeoffice-Szenarien, flexible Arbeitsmodelle, 4-Tage-Woche, neue Formen der Zusammenarbeit und die Frage, wie Unternehmen die Balance zwischen den Herausforderungen des Wettbewerbs und der Bewahrung menschlicher Werte finden können. Auch das Thema Qualifikation und lebenslanges Lernen wird eine wichtige Rolle spielen.

 

In der Einführungsveranstaltung ordnete der Initiator und Organisator der Ringvorlesung, Prof. Dr. Georg Rainer Hofmann, das Thema New Work ein, erläuterte die Herkunft es Begriffs und zeigte einige der aktuellen Herausforderungen auf, die in der Transformation der Arbeitswelt zu bewältigen sind.

 

Woher kommt der Begriff „New Work“?

 

Der Begriff „New Work“ ist keineswegs ein Produkt der jüngsten Digitalisierungswelle, wie man vielleicht meinen könnte. Tatsächlich wurde er bereits vor gut 45 Jahren vom österreichisch-amerikanischen Sozialphilosophen Frithjof Bergmann geprägt. Bergmann, der sowohl den damaligen Kapitalismus als auch den Sozialismus kritisch betrachtete, suchte nach alternativen Arbeitsmodellen. Besonders ging es ihm um die Frage, wie Arbeit künftig menschenwürdiger und erfüllender gestaltet werden kann.

 

Professor Hofmann machte in seinem Vortrag deutlich, dass sich Bergmanns Überlegungen nicht auf technische Innovationen bezogen, sondern grundlegend die Art und Weise adressierten, wie Menschen über ihre Arbeit denken und welche Rolle sie in ihrem Leben spielen soll. „New Work“, so Bergmanns Vision, sollte nicht mehr bloß der Existenzsicherung dienen, sondern eine Möglichkeit sein, sich selbst zu verwirklichen und in einer sich schnell wandelnden Welt sinnstiftend tätig zu sein.

 

Allerdings hat sich das Verständnis von Arbeit bereits im Laufe der Geschichte immer wieder gewandelt hat. In der Antike galt Arbeit eher als negativ, die vor allem von Unfreien und Sklaven zu verrichten war. Die industrielle Revolution vor etwa 170 Jahren machte den Menschen zu einem Teil der großen Maschinerie. In der Folge wurde die Humanisierung zu einer der großen gesellschaftlichen Herausforderungen. Die moderne Arbeitswelt mit „New Work“ soll Zwängen entgegenwirken, indem sie flexiblere, selbstbestimmte Arbeitsformen ermöglicht, die sich besser in das Leben der Menschen integrieren lassen. Doch ganz neu sind diese Gedanken nicht, denn bereits im Jahr 1891 hat Papst Leo XIII in seiner Schrift „Rerum Novarum“ für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung Partei ergriffen und deren Würde und Rechte eingefordert.

 

Historisch gesehen ist „New Work“ eben nicht nur ein aktueller Trend ist, sondern ist im Kern die jeweilige Reaktion der Arbeitswelt auf neue technologische, soziale und ökonomische Randbedingungen und Herausforderungen. Die Menschen haben immer schon nach einem „Sinn“ in ihrer Arbeit gesucht und alternative Arbeitsmodelle erwogen und umgesetzt.

 

Herausforderungen in der New Work

 

Professor Hofmann betonte in seinem Vortrag, dass „New Work“ weit mehr als nur flexible Arbeitszeiten oder Homeoffice-Modelle umfasst. Vielmehr steht es für einen umfassenden Paradigmenwechsel in der Arbeitsorganisation und im Selbstverständnis der Arbeit.

 

Im Zentrum des „New Work“-Konzepts steht der Mensch mit seinen individuellen Bedürfnissen, Talenten und Fähigkeiten. Anders als in traditionellen Arbeitsmodellen, bei denen der Mensch vor allem als ein Produktionsfaktor betrachtet wurde, fordert „New Work“ eine stärkere Einbeziehung von persönlicher Autonomie, Selbstverwirklichung und Sinnhaftigkeit. Arbeit soll also nicht nur der Existenzsicherung dienen, sondern dem Einzelnen auch Raum zur persönlichen Entfaltung bieten.

 

Diese neue Arbeitsweise beruht auf drei zentralen Säulen: Erstens auf der Flexibilisierung der Arbeit in räumlicher und zeitlicher Hinsicht. Es geht darum, den Menschen mehr Freiheit zu geben, wann und wo sie arbeiten, sodass Arbeit besser mit dem persönlichen Leben in Einklang gebracht werden kann. Zweitens spielt die Selbstbestimmung eine große Rolle: Arbeitnehmende sollen mehr Mitspracherecht bei der Gestaltung ihrer Aufgaben haben und die Möglichkeit erhalten, eigene Interessen zu berücksichtigen. Drittens wird die Kollaboration stark gefördert, da der Austausch von Wissen und Ideen in interdisziplinären Teams ein Kernaspekt der modernen Arbeitskultur ist.

 

Hofmann verdeutlichte zudem, dass „New Work“ nicht zuletzt als eine Antwort auf die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt – seit etwa 1995 – verstanden werden muss. Künstliche Intelligenz und Automatisierung übernehmen immer mehr Routinetätigkeiten, sodass der Mensch sich verstärkt auf kreative und zwischenmenschliche Fähigkeiten konzentrieren kann. In diesem Sinne stellt „New Work“ eine Chance dar, menschliche Qualitäten wie Kreativität, Empathie und Problemlösungsfähigkeiten in den Vordergrund zu rücken und die Arbeit auf eine Weise zu gestalten, die den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird.

 

Mit diesen Überlegungen wird klar, dass „New Work“ nicht nur eine bloße Anpassung an technologische Veränderungen ist, sondern einen grundlegenden Wandel darstellt – hin zu mehr Freiheit, mehr Sinnhaftigkeit und mehr Menschlichkeit im Arbeitsalltag.

 

Humanisierung der Arbeitswelt und die Sozialpartnerschaften

 

Eine wichtige Rolle spielen bei der Humanisierung der Arbeitswelt die Sozialpartner. Sie sichern die Interessen sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmenden und sorgen für eine Balance zwischen wirtschaftlichen Zielen und sozialen Belangen. Trotz der Erfolge dieser Partnerschaften in der Vergangenheit gibt es heute neue Herausforderungen: Die Digitalisierung und flexible Arbeitsmodelle wie Remote Work erfordern neue Regelungen, um faire Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Ein weiteres Problem ist die zunehmende Spaltung des Arbeitsmarktes: Während hochqualifizierte Fachkräfte von „New Work“ profitieren, geraten weniger gut qualifizierte Beschäftigte oft ins Abseits, was die soziale Ungleichheit verstärkt. Hier gilt es für die Beteiligten, die Transformation der Arbeitswelt gemeinsam zu gestalten und quasi in einer Art konzertierten Aktion die Humanisierung der Arbeitsbedingungen und insbesondere die Qualifizierung der Belegschaften voranzutreiben, denn gerade im Weiterbildungsbereich sei ein klassisches Marktversagen zu beobachten. Mitarbeitende meinen, alles zu können und zu wissen, was für die Ausübung ihrer Tätigkeiten (auch in Zukunft) wichtig ist, Arbeitgeber wollen an der Qualifikation ihrer Belegschaft sparen.

 

Im „New Work“ ging es quasi „schon immer“ darum, auf Randbedingungen zu reagieren: Neue Technologien, neuer gesellschaftliche Modelle, oder auch neuen Bedürfnissen der arbeitenden Menschen.