Ein Blogbeitrag von Katja Leimeister zum Vortrag von Detlef Mücke, Senior Director Human Resources Süd- und Zentraleuropa Magna International
Detlef Mücke, Senior Director Human Resources bei Magna, sprach in der Ringvorlesung über die Herausforderungen und Entwicklungen in der Automobilindustrie, die Prinzipien von „New Work“ und die Unternehmenskultur bei Magna. Als erfahrener Personalexperte teilte er Einblicke in seine Karriere sowie die Struktur und Werte des Unternehmens.
Magna ist der drittgrößte Automobilzulieferer der Welt mit 42,8 Milliarden USD Umsatz, 343 Produktionsstandorten und über 175.000 Mitarbeitenden in 28 Ländern. Das Unternehmen stellt vielfältige Fahrzeugkomponenten her, darunter Karosserie- und Fahrwerkssysteme, Spiegel, Antriebsstränge, Elektronik, Beleuchtung und ganze Fahrzeuge. Zu den Kunden zählen nahezu alle großen Automobilhersteller.
Trotz der Größe des Unternehmens und der Bedeutung als großer Zulieferer ist die Bekanntheit in Deutschland gering. Entsprechend sind zahlreiche Maßnahmen notwendig, im Recruiting und bei der Belegschaft, um als attraktiver Arbeitgeber zu punkten. Hierzu zählt auch das Unternehmen im Sinne von New Work zu transformieren.
New Work bei Magna
Herr Mücke erläuterte, wie das Unternehmen den Begriff „New Work“ interpretiert und umsetzt:
Flexibilität:
- Im Fokus stehen flexiblere Arbeitszeitmodelle, um individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen. Dabei ist die Just-in-Time-Produktion eine Herausforderung.
- Konzepte wie Teilzeit-Schichten für Mitarbeitende mit familiären Verpflichtungen wurden erprobt, aber die Planung bleibt komplex.
Selbstbestimmung und Mitgestaltung:
- Magna fördert die Mitgestaltung von Arbeitsplätzen durch Mitarbeitende. Beispiele sind Scrum-ähnliche Ansätze bei der Planung neuer Fertigungslinien.
- Mitarbeitende werden ermutigt, Verantwortung zu übernehmen und Arbeitsprozesse zu verbessern.
Innovationen und Technologien:
- Der Übergang von klassischen zu innovativen Produkten (z. B. Kamerasysteme statt Spiegel) ist ein Schlüssel zur Zukunftssicherung.
- Nachhaltigkeit wird durch leichtere Materialien und energieeffiziente Produktion gefördert.
Weiterbildung und Förderung:
- Einführung eines „Chief Qualification Officers“ in deutschen Werken zur strategischen Qualifikationsentwicklung.
- Mitarbeitende werden regelmäßig geschult, um sich an die Anforderungen der Transformation in der Automobilindustrie anzupassen.
- Wichtig seien, so Mücke, dass alle Mitarbeitenden die kulturellen Werte von Magna kennen und mittragen.
Kulturelle Werte bei Magna:
„Think big“:
- Grundidee: Magna ermutigt seine Mitarbeitenden, über das Tagesgeschäft hinauszudenken und sich ambitionierte Ziele zu setzen. Der Fokus liegt auf innovativen Ideen, die sowohl das Unternehmen als auch die Automobilindustrie voranbringen.
- Umsetzung:
-
- Mitarbeitende werden in Entscheidungsprozesse eingebunden, z. B. bei der Planung neuer Fertigungslinien oder der Entwicklung neuer Produkte.
- Es wird eine Kultur gefördert, die Eigeninitiative belohnt. Vorschläge aus dem betrieblichen Vorschlagswesen werden ernst genommen und bei Erfolg honoriert.
„Take responsibility“:
- Grundidee: Alle Mitarbeitenden tragen Verantwortung – für die Qualität des Produkts, die Sicherheit am Arbeitsplatz und die langfristige Entwicklung des Unternehmens.
- Umsetzung:
-
- Offene Kommunikationskultur: Mitarbeitende sollen Missstände melden, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen („Open-Door-Policy“).
- Arbeitssicherheit: Proaktive Mitarbeit von Mitarbeitenden wird gefördert, um Arbeitsplätze sicher und ergonomisch zu gestalten.
„Never settle“:
- Grundidee: Zufriedenheit mit dem Status quo wird als Gefahr gesehen. Mitarbeitende sollen ständig nach Verbesserungsmöglichkeiten suchen, um Produkte und Prozesse zu optimieren.
- Umsetzung:
-
- Kontinuierliche Weiterbildung: Neue Programme wie der „Chief Qualification Officer“ helfen, Mitarbeitende an veränderte Anforderungen der Branche anzupassen.
- Ständige Prozessanalyse: Mitarbeitende werden ermutigt, Arbeitsabläufe zu hinterfragen und Vorschläge für Optimierungen einzubringen.
„Be collaborative“:
- Grundidee: Erfolg entsteht durch Zusammenarbeit – innerhalb des Unternehmens und mit externen Partnern wie Kunden und Zulieferern.
- Umsetzung:
-
- Interdisziplinäre Teams: Mitarbeitende aus verschiedenen Bereichen (z. B. Logistik, Produktion, Qualitätssicherung) arbeiten gemeinsam an Lösungen.
- Feedbackkultur: Regelmäßige Meetings und Fokusgruppen bieten Raum für Austausch zwischen Mitarbeitenden und Management.
- Zusammenarbeit mit Kunden: Die dezentrale Struktur von Magna ermöglicht eine schnelle Anpassung an Kundenbedürfnisse, was partnerschaftliche Beziehungen stärkt.
Die Werte von Magna sollen nicht nur Leitlinien, sondern sollen aktiv gelebte Prinzipien sein, die das Unternehmen in seiner täglichen Arbeit und strategischen Ausrichtung voranbringen. Sie dienen als Grundlage für eine innovationsgetriebene Unternehmenskultur, die Verantwortung und Zusammenarbeit fördert und stetige Verbesserung als Standard setzt. Die Werte werden in Mitarbeitereinführungen, regelmäßigen Meetings und durch Kommunikation auf Führungsebene vermittelt.
Herausforderungen und Perspektiven:
Mücke erläuterte insbesondere drei große Herausforderungen für Magna:
Transformation der Automobilindustrie:
Die Automobilindustrie befindet sich inmitten eines grundlegenden Paradigmenwechsels, der von drei zentralen Herausforderungen geprägt ist: Elektrifizierung, autonomes Fahren und Nachhaltigkeitsanforderungen.
- Elektrifizierung: Der Wandel von Verbrennungsmotoren hin zu elektrischen Antriebssystemen ist ein bedeutender Umbruch. Magna arbeitet daran, leichtere und energieeffiziente Bauteile zu entwickeln, um die Reichweite und Effizienz von Elektrofahrzeugen zu verbessern.
- Autonomes Fahren: Die Entwicklung autonomer Fahrzeuge stellt nicht nur technologische, sondern auch regulatorische und ethische Herausforderungen dar. Magna ist aktiv in der Entwicklung von Kameramonitorsystemen und anderen Sensorsystemen, die die Sicherheit und Funktionalität autonomer Fahrzeuge verbessern sollen.
- Nachhaltigkeit: Die Anforderungen an umweltfreundliche Produktion und klimaneutrale Prozesse wachsen stetig. Magna sieht sich in der Verantwortung, durch die Einführung energieeffizienter Technologien wie Photovoltaikanlagen auf Werksgebäuden und durch nachhaltige Produktentwicklung seinen Beitrag zu leisten.
Förderung von Diversität und Inklusion:
Eine der zentralen Herausforderungen für Magna liegt in der stärkeren Integration unterrepräsentierter Gruppen, insbesondere von Frauen, in technische und führende Rollen.
- Frauen in technischen Berufen: Herr Mücke räumte ein, dass Frauen in technischen Berufen, insbesondere im Maschinenbau, nach wie vor unterrepräsentiert sind. Die Gründe dafür liegen nicht nur in der geringen Anzahl weiblicher Absolventen entsprechender Studiengänge, sondern auch in unbewussten Vorurteilen und systemischen Hindernissen innerhalb der Branche.
- Maßnahmen: Magna setzt auf eine aktive Förderung von Frauen, sowohl durch gezielte Personalentwicklungsprogramme als auch durch die Sensibilisierung von Führungskräften. Beispiele umfassen Mentoring-Programme, interne Schulungen zu Diversitätsthemen und die Schaffung eines inklusiveren Arbeitsumfelds. Zudem werden potenzielle Nachfolgekandidatinnen in Führungspositionen gezielt unterstützt.
- Breitere Inklusion: Neben der Geschlechterdiversität arbeitet Magna daran, eine Kultur der Akzeptanz für unterschiedliche ethnische Hintergründe, Religionen und sexuelle Orientierungen zu schaffen. Spezifische Komitees fördern die Gleichbehandlung und das Bewusstsein für Diversität auf allen Ebenen.
Globaler Vergleich und kulturelle Unterschiede: Herr Mücke wies auf die Unterschiede in der Arbeitskultur und Motivation zwischen verschiedenen Regionen hin.
- Stolz und Motivation: Mitarbeitende in wirtschaftlich schwächeren Ländern, die oft mehrere Familienmitglieder mit ihrem Einkommen unterstützen müssen, zeigen laut Mücke eine bemerkenswerte Arbeitsmoral und Identifikation mit ihrem Beruf. Sie empfinden ihre Arbeit nicht nur als Pflicht, sondern als Quelle von Stolz und Verantwortung.
- Kontrast zu Deutschland: Im Gegensatz dazu werden die Arbeitsplatzsicherheit und der Lebensstandard in Deutschland oft als selbstverständlich wahrgenommen. Dies führt laut Mücke mitunter zu einer Haltung der Sättigung, die die Bereitschaft zur Veränderung und Weiterentwicklung hemmt.
- Perspektive: Magna versucht, durch verstärkte Kommunikation und individuelle Ansprache auch in Deutschland ein stärkeres Bewusstsein für die Verantwortung jedes Einzelnen zu fördern. Die Werte des Unternehmens sollen dazu beitragen, dass Mitarbeitende ihre Rolle nicht nur als Job, sondern als Beitrag zur Zukunft des Unternehmens und der Branche begreifen.
Diese Herausforderungen und Perspektiven spiegeln die Bemühungen von Magna wider, den Wandel der Automobilindustrie aktiv zu gestalten und gleichzeitig die eigene Unternehmenskultur zu stärken. Die Balance zwischen globaler Diversität, technologischer Innovation und Nachhaltigkeit bleibt dabei eine zentrale Aufgabe für die kommenden Jahre.