Wenn Arbeits- und Lernumgebung miteinander verschmelzen
Wie hängen diese beiden Begriffe zusammen. Nachdem man „old school“ früher Arbeiten und Lernen eher räumlich und zeitlich getrennt hat, setzen sich immer mehr Formen des Lernens durch, die am Arbeitsplatz stattfinden. Lernumgebung und Arbeitsumgebung verschmelzen. Was steckt dahinter?
In der Agilen Community Bayerischer Untermain haben wir uns mit diesem Thema am 16. Juli auseinandergesetzt. Agile Coach und Feel Good Manager Christian Treindl von der Blue Tomato Technologies gab uns hierfür einige wertvolle Impulse.
Eine Reihe von Aspekten üben Druck auf die Unternehmen und somit auf die Arbeits- und Lernwelt aus:
- Die Digitalisierung und der strukturelle Wandel in der Arbeitswelt fordern neue Kompetenzen, die Anforderungen an Mitarbeiter/innen wandeln sich so schnell, dass das „auf der Schule Erlernte“ nur kurze Zeit reicht. Eine permanente Weiterbildung ist von Nöten. Längere Off-Zeiten für Schulungen sind gleichzeitig schwer durchsetzbar.
- Die neu im Arbeitsmarkt hineinströmenden Generationen sind in einer starken Position: Gut qualifiziert und als knappe Ressource „gehandelt“ (bedingt durch den demografischen Wandel) fordern sie von Arbeitgebern neue Formen der Zusammenarbeit, Mitspracherechte und Sinnstiftung ihrer Arbeit. Im Bereich des Lernens sind es das Streben nach Selbstbestimmung und Wirksamkeit, die die junge Generation kennzeichnen.
Als Antwort müssen Unternehmen ein Lernumfeld schaffen, in dem sich die Mitarbeitenden horizontal als auch vertikal weiterentwickeln können. Unter horizontal versteht man in diesem Zusammenhang, die fachlichen Fähigkeiten auszubauen und Expertenwissen aufzubauen, vertikale Entwicklung bezieht sich auf die Fähigkeiten und das Mindset als Führungskraft.
Am Arbeitsplatz lernen?
In den Arbeitsprozess integriertes Lernen wird immer wichtiger. Weg vom formellen Lernen in der (Hoch-)Schule oder beim Weiterbildungsanbieter, bei dem Lehrbeauftragte eine Lerngruppe für einen gegebenen Zeitraum mit Informationen vollpumpt, kommt der Lernerfolg immer mehr durch informelles, soziales Lernen zustande: Das Lernen voneinander, punktuell auf die Anforderung zugeschnitten, selbstgesteuert, in sogenannten Lernnuggets.
Studien haben gezeigt, dass arbeitsplatznahes, selbstbestimmtes Lernen wesentlich effektiver ist, als herkömmliche Weiterbildungen. Daraus ist die sogenannte 70-20-10-Strategie für die Personalentwicklung entstanden. So werden
· 70 Prozent des beruflich relevanten Wissens durch Learning by doing, also mittels eigener Praxiserfahrungen gewonnen – On the job
· 20 Prozent durch das unmittelbare berufliche Umfeld erworben – im Austausch und
· 10 Prozent durch klassische Fortbildungen erlernt – formelles Lernen
Entsprechend muss sich die Lernkultur und -infrastruktur in den Unternehmen anpassen, um selbstbestimmtes Lernen zu ermöglichen.
Geheimrezepte für den Lernerfolg
In einer Break-Out-Session diskutierten die Teilnehmer/innen des Community-Treffens ihre Erfahrungen mit unterschiedlichen Lernformaten. Mehrfach genannt wurde, dass Lernerfolge dann zu verzeichnen seien, wenn Kollegen einander etwas erklären und zwar insbesondere bei der Person, die es erklärt. So könne auch Inselwissen vorgebeugt werden. Dabei solle jeweils die Person als „Dozent“ auftreten, die auf diesem Gebiet die meiste Kompetenz hat. Das kann durchaus auch der Azubi sei (man denke beispielsweise an den Aufbau einer instagram-Präsenz oder die Handhabung von Smartphones. Da sind die jungen Leute oft erfahrener).
Das regelmäßige Wiederholen, das praktische Anwenden, das Hospitieren und auch haptische Erlebnisse sind weitere Möglichkeiten, die auf das Haftenbleiben von Erlerntem einzahlen. So solle man bei einer Software-Schulung nie die Maus aus der Hand geben.
Christian Treindl gab der Gruppe dann noch folgende Tipps mit auf den Weg:
- 72-Stunden-Regel: Starte Dein Lernvorhaben innerhalb von 72 Stunden – 99% der Vorhaben werden danach nicht umgesetzt
- 30-Tage-Challenge: Verankere Gewohnheiten und baue Routinen auf – konkret: Lernzeiten, Lernformate, Learning Nuggets fest in den Tagesablauf einplanen etc.
Wir danken Christian Treindl für die tollen Impulse. Das Thema New Learning wird uns in der Community sicher weiter beschäftigen. Denn das Lernen von heute bestimmt den Erfolg von morgen!